Nürnberg, Christuskirche

Eine Baumaßnahme war Auslöser für einen künstlerischen Wettbewerb zur Neugestaltung des liturgischen Bereichs der Nürnberger Christuskirche. Das in der Nachkriegszeit errichtete Gebäude war für die Gemeinde zu groß geworden, ab 2006 wurde ein Baukörper aus Stahl, Glas und Sichtbeton integriert. Für den verbleibenden Gottesdienstraum entwickelte Meide Büdel ein Konzept mit einem „schwebenden“ Altar, für das sie 2008 den landeskirchlichen Kunstpreis erhielt.

2007-2008
Altar und Ambo „Ort der Rede“
Meide Büdel

Der „schwebende“ Altar ist eine massive brünierte und polierte Stahlplatte, die über einer in den Kirchenraum vorgezogenen Podeststufe an vier Stahlseilen von der Decke abgehängt ist. Das Gewicht von 1,7 Tonnen und die Elastizität des Materials führen zu einer natürlichen leichten Biegung der Platte als gewollten optischen Effekt. Ein Stück dahinter befindet sich der „Ort der Rede“, ein Ambo in Gestalt einer leicht konvexen Brüstung aus anthrazit eingefärbtem Beton mit zwei rückwärtigen Stahlblechen als Buchablage. Die Materialität bezieht sich auf die Betonbinder des Kirchenschiffs wie auch auf das neu eingebaute Gemeindehaus und bildet gleichzeitig einen ruhigen optischen Hintergrund für den ‚schwebenden Altar‘. Beide Prinzipalstücke verbindet ein in den Boden eingelegtes Band aus gelbem Acrylglas. Vom alten Taufstein ausgehend, der im Eingangsbereich positioniert wurde, verläuft das Glasband unter der Altarplatte hindurch bis mittig vor den „Ort der Rede“; ein weiterer vertikaler Streifen auf dessen Vorderseite bildet den optischen Abschluss. Mit dem Glasband im Boden wird auf eine weitere Taufmöglichkeit am neuen Altar verwiesen, der Glasstreifen am „Ort der Rede“ zitiert die Höhe des alten Taufsteins. So symbolisiert das gelbe Band den Weg des Gläubigen von der Taufe über die Gemeinschaft beim Abendmahl und in der Predigt bis zur Wiederkunft Christi in Gestalt der Wandfigur von Meinrad Burch-Korrodi.

Die Arbeiten der in Nürnberg lebenden Bildhauerin Meide Büdel sind in ihrer symbolisch-assoziativen Bildsprache im Bereich sakraler Funktionsräume aber auch religiöser Denkräume eine starke Herausforderung für die Wahrnehmung theologischer, philosophischer und gesellschaftlicher Übergänge. Ihre Arbeiten sind nie eindeutig zuzuordnende Zeichen, sondern entfalten sich aufgrund ihres vielfältigen Deutungspotenzials als starke Code-freie Symbole, die in tieferen Schichten angelegte Bilder hervorrufen und religiöse Gefühle freilegen können.

Stahl, Beton, Acrylglas
Altarplatte: B. 270 cm, T. 140 cm, H. 6 cm; „Ort der Rede“: H. 115 cm, B. 410 cm, T. 30 cm; Glasband: L. 1316 cm, B. 2,1 cm

 

Download Kunstpreis-Katalog Meide Büdel 2008