Vorra, Marienkirche

Die mittelalterliche Kirche in Vorra wurde im 18. Jahrhundert grundlegend erneuert. Auch die Stuckarbeiten und der Altar kamen zeitgleich hinzu, sodass die Kirche einen einheitlichen barocken Stil erhielt, der bis heute ablesbar ist. Bei der Innensanierung 2016 entstanden in der Gemeinde Wunsch und Notwendigkeit, Kanzel, Taufstein, Lesepult und Osterleuchter neu gestalten zu lassen. Auf Vorschlag der Landeskirche erarbeitete Sabine Straub einen Entwurf.

2017
Taufstein, Kanzel, Lesepult, Osterleuchter
Sabine Straub

Ausgangspunkt für die Gestaltung der neuen Ausstattungselemente ist die Beobachtung der Münchner Künstlerin, dass die Kirche im südwestlichen Bereich einen Herrschaftsstuhl mit vergitterten Fenstern besitzt. Die an Bandelwerk erinnernde Struktur der Fenster hat Sabine Straub aufgenommen und als sich durchziehendes ornamental geschnittenes Motiv wie eine zweite Haut auf die Kubaturen der Prinzipalstücke gelegt. Alle Prinzipalia bilden formal in ihrem Aufbau, ihrer Materialität und ihrer haptischen und farbigen Wirkung eine Einheit. Sie bringen in den historischen Raum eine neue Zeitschicht ein und präsentieren sich selbstbewusst als zusammengehörige „Familie“. Die Kanzel ist eine zylindrische Form aus Stahl mit einem aufgelegten Tombakmantel, die Innenseiten bestehen aus lackiertem Stahlblech, die Buchablage aus Tombak. Das Podest mit Treppe ist aus sechs Millimeter dickem Stahlblech sowie einer Grundplatte gefertigt. Lesepult und Taufe entwickeln sich als zylindrische Stelen mit unterschiedlichen Durchmessern. Eine doppelwandige Taufschale sowie ein Osterleuchter aus Tombak runden die gesamte Gestaltung ab. Der Entwurf besticht durch seine Aktualität, seine Ortsbezogenheit und durch seine in Form, Material und Farbigkeit innovative Gestaltung. Er fügt sich sehr stimmig in die historische Gesamtsituation ein.

Sabine Straubs Arbeiten zeichnen sich vor allem durch das Sichtbarmachen ihrer inneren Strukturen aus. Sie spielt mit seriellen Formen, mit Formzusammenhängen, mit Durchblicken und mit strukturellen Verbindungen. In Vorra nimmt sie eine historische Gitterform auf und bildet sie als seriell und digital gefräste Ornamentfläche in zeitgenössischer Haltung ab. Was beim historischen Herrschaftsstand als Sichtschutz eine Funktion hatte, wirkt bei den Prinzipalia wie eine Veredelung der einzelnen Werkstücke.

Metall, Messing, Bronze
Kanzel: H. ca. 180 cm, B. 100 cm (Kanzelkorb); Taufstein: H. 95 cm, B. 50cm; Lesepult: H. ca. 130 cm, B. 40 cm