Sonja Weber

Tiefschwarzes Wasser, in Wellen bewegt, hell glitzern Lichtreflexe darauf. Ein winziger Ausschnitt aus einem schier endlosen Meer. Ein Fragment, ein flüchtiger Augenblick, unwiederbringlich. Schon im nächsten Moment wird das Wasser anders aussehen.

Textilbilder
Jacquardgewebe auf Keilrahmen

Tatsächlich scheint es, als würden sich die Wellen weiter bewegen. Das passiert in unserem Kopf – und hat auch mit der speziellen Technik zu tun: Betrachtet man das großformatige Werk mit etwas Abstand, scheint es ganz klar: Das muss ein Foto sein oder zumindest ein fotorealistisch gemaltes Bild, mit Pinsel und Farbe. Je näher man aber herantritt, desto deutlicher wird, dass es – im traditionellen Sinn – weder das eine noch das andere ist. Keine Fotografie, kein Gemälde. Dieses Bild ist gewebt. Die fein miteinander verkreuzten Fäden bilden eine fast plastische Oberflächenstruktur. Je nach Standort und Lichteinfall verändert sich das Motiv. Das Textil ist auf einen Keilrahmen gespannt. Nicht als Untergrund für Öl oder Acryl wie in der klassischen Malerei. Das Gewebe selbst ist das Werk, ein „gewebter Moment“, wie Sonja Weber sagt. Derartige Momente sucht und findet die Münchner Künstlerin im Alltäglichen: Wasser, Wolken, Berge, Haare, Landschaften sind ihre Sujets. Immer als fokussierte Details in einer zurückgenommenen monochrom wirkenden Farbigkeit. Dazu die Künstlerin in einem Interview: „Allen Motiven liegt unsere reale, wahrnehmbare Welt zugrunde. Und dennoch sind sie geprägt von einer Unendlichkeit der Form wie auch der Zeit. Es sind Streifzüge des aufmerksamen Auges durch unsere Welt, die etwas von dieser Flüchtigkeit festhalten wollen, ihr Bedeutung zukommen lassen. (…) Es geht mir um Wahrnehmung, um Innehalten, um Reflexion.“ Ausgangspunkt der Textilbilder sind Fotografien, die die Künstlerin selbst anfertigt. Für die Wasserbilder findet Sonja Weber ihre Motive auf Seen, Flüssen, aber vor allem auf den Meeren der Welt – meist inmitten der Weite des Wassers, auf einem Segelboot. Die Fotografie, die dieser Arbeit mit den besonderen Lichtreflexen zugrunde liegt, entstand an einem frühen Abend auf dem Mittelmeer. Das Wasserbild in Blau von 2013, das sich ebenfalls in der landeskirchlichen Kunstsammlung befindet, geht auf eine Fotografie auf dem Atlantik zurück. Aus der Vielzahl der Fotoaufnahmen wählt Sonja Weber nur wenige zur Weiterbearbeitung aus – welches transportiert die ganz eigene Stimmung des Moments am besten? Welcher Ausschnitt überzeugt von seiner Komposition? Erst dann fertigt die Künstlerin in einem aufwendigen Verfahren, das viel Erfahrung benötigt, eine Lochkarte an, auf deren Grundlage am Webstuhl das Bildgewebe entsteht. Sonja Weber könnte die Motive also ohne weiteres mehrfach reproduzieren. Doch darum geht es ihr nicht. Jedes Bild ist ein Unikat.

Sonja Weber hat mehrfach an Wettbewerben für Neuausstattungen evangelischer Kirchen in Bayern teilgenommen. 2008 entwickelte sie ein Konzept für die künstlerische Neugestaltung der Kreuzkirche in Hof und setzte dies mit Textilarbeiten für Wand und Prinzipalia um. Beim Kunstprojekt „12[W]ORTE“, das 2014/2015 im Kirchenkreis Bayreuth stattfand, gehörte Sonja Weber zu den von einer Jury ausgewählten Künstlern. Sie installierte in der Vorhalle der Stadtkirche von Münchberg eine Arbeit aus zwei bunten Plexiglas-Spruchbändern zum Bibeltext „Der Herr segne und behüte dich“ (4. Mose 6,24-27). Die Installation wurde nach Ablauf des Projekts von der Gemeinde angekauft und verblieb in der Kirche.

Jacquardgewebe auf Keilrahmen
Schwarz-Weißes Wasserbild: H. 190 cm, B. 260 cm
Blau-Weißes Wasserbild: H. 180 cm, B. 240 cm